Im Bann der Pferde (I/II)

Island / Marokko Dokumentationen, je 45 Min.

Island:
Geysire und Gletscher prägen die raue Landschaft Islands. Die größte Vulkaninsel der Welt ist berühmt für ihre Pferde. Islandpferde gelten als spritzig und zugleich ausdauernd. Unerschrocken überqueren sie Flüsse, Gletscher und Geröllfelder.

In der nordischen Mythologie kommen die Rösser gleich nach den Recken. Was wäre Siegfried ohne sein Pferd Grani, was Odin ohne Sleipnir. Selbst die Sonne käme nicht vom Fleck, zögen nicht Frühwach und Allgeschwind ihren Wagen. Von Beginn der Kolonisierung der Insel an waren die Isländer so eng mit ihren Pferden verbunden wie die Reitervölker Zentralasiens.

Auch für Haukur Goroarsson wäre ein Leben ohne seine Pferde undenkbar. Für ihn sind Islandpferde „Wikinger auf vier Beinen“. Ohne die Tiere wäre die Besiedlung der unwirtlichen Insel am Polarkreis nicht möglich gewesen. Die Steinwüsten des Landesinneren sind zu weitläufig, als dass sie sich zu Fuß durchqueren ließen.

Haukur Goroarsson lebt mit seiner Familie im Vatnsdalur, einem fruchtbaren Tal im Norden Islands, vier Autostunden von der Hauptstadt Reykjavík entfernt. Er betreibt Pferdezucht und bietet Ausritte für Touristen an. Diesen Sommer hat er einen waghalsigen Plan: einen Ritt vom ewigen Eis der Gletscher zurück bis an die Küste. Sein 13-jähriger Sohn Haukur Marian, selbst ein begeisterter Reiter, wünscht sich nichts sehnlicher, als bei diesem Ritt dabei zu sein.

Marokko:
Einmal jährlich verwandelt sich Meknes, eine der vier marokkanischen Königsstädte, in ein orientalisches Feldlager. Der Turnierplatz vor der Stadtmauer wird von großen Mannschaftszelten flankiert. Rund 2.000 Schaulustige säumen den Platz. Zum großen Fantasia-Reiterspiel werden mehr als 500 Teilnehmer erwartet. In vollem Ornat ziehen sie auf ihren mit Gold und Pailletten geschmückten Pferden zum Start. Stolz tragen sie die weißen Dschellaba zur Schau, die turbanartigen Kopfbedeckungen und ihre langen silberbeschlagenen Flinten. Mit den Fantasias halten die Berber eine mehr als 2000-jährige Kampftradition aufrecht. Auf ähnliche Art zogen sie schon mit Hannibal über die Alpen oder stürmten den islamischen Invasoren entgegen.

Auch Lachsen Slimani ist besessen von den Reiterspielen. Er ist Anführer einer Fantasia-Gruppe und lebt mit seiner Familie auf einem abgelegenen Hochplateau im Mittleren Atlas. Sein 18-jähriger Sohn Mohammed ist ebenfalls ein begeisterter Reiter und will in die Fußstapfen des Vaters treten.

Die Familie Slimani besitzt neben einem Arbeitspferd einen Fantasia-Hengst. Er ist ihr ganzer Stolz. Die meisten Bauern können sich, wenn überhaupt, nur ein Pferd leisten. In einem trockenen Land wie Marokko ist Grünfutter teuer. Und der Unterhalt für ein Pferd entspricht dem einer ganzen Familie.

Mohammed will unbedingt mit seinem Vater auf einer Fantasia reiten. Dazu benötigt er laut Tradition ein eigenes Reittier. Lachsen will seinem Sohn diesen Traum erfüllen. Um das nötige Geld aufzutreiben, wagt er ein Abenteuer: Er reist nach Ouarzazate, auch Hollywood der Wüste genannt. Hier hoffen Marokkaner aus dem ganzen Land, als Schauspieler entdeckt zu werden oder zumindest einen Komparsenjob zu bekommen – als reitender Bandit, Beduine oder Haremswächter.

Filmemacherin Lisa Eder begleitet Lachsen Slimani durch die Gebirgslandschaft des Mittleren Atlas bis an den Rand der Wüste. Nur dort kann es Lachsen gelingen, sich und seinem Sohn den Traum von einer gemeinsamen Fantasia in Meknes zu erfüllen.

Jahr 2008
Genre Dokumentation
Buch Lisa Eder
Regie Lisa Eder
Kamera Richard Ladkani
Produktion Filmquadrat.dok GmbH